Es gibt in der Politik wohl kaum etwas, das so erfrischend erleuchtend ist, wie der respektlose Umgang der Brensbacher CDU mit ihren liebsten Feindbildern.
Keine drei Stunden nach der letzten Kreistagssitzung am 17. Februar 2025, in der es um den Verkauf der Geschäftsanteile der Odenwald Schlachthof Bauträger GmbH an einen potenziellen Investor ging, meldete sich die Brensbacher CDU bereits mit einem Paukenschlag auf Social Media zu Wort. „Politische Wendehälse“ – ein Titel, der nicht nur die Schärfe der Kritik unterstreicht, sondern auch, wie wenig der politische Anstand hier noch zu finden ist.
Doch was genau hatte die Brensbacher CDU aufgebracht? Ein Antrag der Grünen und die Zustimmung eines SPD-Abgeordneten. Aber der Reihe nach.
Die Dramaturgie des politischen Skandals
Die Kreistagssitzung hatte einen sachlichen Hintergrund: Es ging um den Verkauf von Geschäftsanteilen an der Odenwald Schlachthof Bauträger GmbH. Während die Kreis-CDU die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen lobte und dem Landrat für seinen Einsatz dankte, griff die Brensbacher CDU nach der Sitzung in gewohnter Manier auf Facebook die SPD an.
Der vermeintliche Skandal: Der Brensbacher SPD-Kreistagsabgeordnete Senker hatte einem Antrag der Grünen zugestimmt, der vorschlug, den Tagesordnungspunkt zunächst in den Ausschuss für Landwirtschaft zu überweisen, um eine detaillierte Beratung zu ermöglichen. Ein Antrag, der in einer demokratischen Gesellschaft eigentlich als vernünftig betrachtet werden könnte. Doch nicht für die Brensbacher CDU – für sie war dies die perfekte Gelegenheit, sich als selbsternannter politischer Sheriff zu profilieren und mit dem Finger auf die Mandatsträger der SPD zu zeigen – wie sich die „Wendehälse“ doch drehen!
Neben Senker enthielten sich schlussendlich auch der Brensbacher Bürgermeister Rainer Müller und die Mandatsträgerin Cornelia Reinersch aus Reichelsheim der Stimme. Dem Verkauf der Geschäftsanteile für symbolische 76 Euro stand dies nicht im Wege. Diesem stimmten neben der SPD Fraktion auch die Mandatsträger von ÜWG, FDP und CDU zu. Lediglich die Grünen stimmten dagegen.
Fehlen von Respekt – und Informationen
Doch was steckt nun hinter dieser scheinbar dramatischen Reaktion der Brensbacher CDU?
Deren Verantwortliche hielten es nicht für notwendig persönlich zur Kreistagssitzung als Gäste zu erscheinen. Und dennoch scheint ihnen das Thema so wichtig zu sein, dass es nicht einmal mehr Raum für eine sachliche Beratung geben solle. Lieber holten sich die Kollegen ihre Informationen über Dritte, als den persönlichen Dialog zu suchen – ganz zu schweigen davon, dass sie sich nicht die Mühe machten, mit Senker persönlich zu sprechen.
Dabei stellt Senker ganz klar fest, dass er die Möglichkeit eines erneuten Schlachtbetriebs, der die Bedürfnisse der regionalen Viehhalter und das Tierwohl berücksichtigt, ausdrücklich begrüßt. Aber, und das ist der Punkt, der die Brensbacher CDU scheinbar völlig überfordert: Senker hielt es für angemessen, wenn die Investoren vor der Beschlussfassung im Kreistag ihr Konzept den Madatsträgern in einer öffentlichen Sitzung hätten vorstellen können. Das ist so eigentlich üblich und trägt maßgeblich zur Transparenz bei. Insbesondere weil das mediale und öffentliche Interesse am Thema Schlachthof bekanntermaßen groß ist.
Die Frage nach der Transparenz
Konkret steht die Frage im Raum, wie mit einer angekündigten Investition von vier Millionen Euro die notwendige Modernisierung des Schlachthofs sichergestellt werden kann. Schließlich wisse man in Brensbach nur zu gut, dass bspw. eine grundlegende Erneuerung der Kläranlage auf dem Gelände notwendig ist, sowie viele andere bauliche Maßnahmen, die noch gar nicht konkretisiert wurden.
Den Mandatsträgern fehlten jedoch jegliche Details zu den geplanten Investitionen. Eine Vorstellung der angestrebten Maßnahmen hätte viele Fragen im Vorfeld klären können – Dinge, die von der Brensbacher CDU anscheinend eher als nebensächlich betrachtet werden.
Auch um etwaigen Vorwürfen gegenüber den Investoren von Anfang an vorzubeugen, hätte eine transparente Vorstellung beitragen können. Da die Investoren auch am Schlachthof in Aschaffenburg in Verantwortung stehen, stellen sich Bürgerinnen und Bürger die Frage, ob sichergestellt ist, dass es in Brensbach künftig nicht – wie zuletzt in Aschaffenburg – zu massiven Verstößen kommt.
In der Kreistagssitzung wurde von Landrat Matiaske ausgeführt, dass es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt. Umso wichtiger wäre es nach Senkers Auffassung gewesen, hier von Beginn an höchste Transparenz zu gewährleisten, um dem künftigen Schlachthof einen guten Start zu ermöglichen.
Doch für die Brensbacher CDU scheinen Projektvorstellung und sachliche Beratung ein unnötiger Luxus zu sein. Warum sich mit solchen Fragen beschäftigen, wenn man einfach, schnell und scharf mit dem Finger auf politische Gegner zeigen kann?
Fazit: Respekt und Sachlichkeit – Fremdwörter für die Brensbacher CDU
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Brensbacher CDU wieder einmal eine eindrucksvolle Demonstration von politischer Unreife und mangelndem Respekt geliefert hat.
Anstatt sich sachlich über die Gründe für die Enthaltungen zu informieren und auf die Fragen einzugehen, wird die SPD einfach mal wieder als Feindbild aufgebaut – mit einer Wucht, die man fast schon als unbeabsichtigte Karikatur der eigenen politischen Arbeitsweise betrachten könnte. In der Welt der Brensbacher CDU geht es wohl nur darum, wer am lautesten schreit und den politischen Gegner am schärfsten angreift, der hat Recht.
Vielleicht sollte man bei der nächsten Kreistagssitzung ein neues Thema einbringen: „Respekt in der politischen Auseinandersetzung – ein Konzept für die Brensbacher CDU?“ Aber natürlich nur, wenn der Antrag dafür von den Grünen kommt.